Dienstag, 29. Mai 2012

Konzept statt Serviervorschlag

Klare Worte, aber immerhin mit Starkstrom.
Glänzen, nicht Glittern. Vielen Angeboten und Konzepten von PR-Agenturen fehlt es ebenso an Ehrlichkeit wie Schlüssigkeit. Agenturen sagen dem Kunden nicht, was ihn erwartet - aus Angst, aus Faulheit oder weil das Briefing nichts anderes zulässt.

Wir wissen, dass wir nicht bekommen, was uns das Bild verspricht, wenn "Serviervorschlag" draufsteht.  Weil die Päckchensuppe auch mit krauser Petersilie noch nach Mehl und billigem Fett schmeckt. Und weil das Thai-Curry aus der Fabrik einen leichten Touch Schmieröl im Abgang hat.

Und so groß der Unterschied zwischen dem Foto der Kohlroulade mit Rotkohl und Kartoffelpüree und der schmierigen Wirklichkeit im Teller ist, so groß ist auch der Unterschied zwischen der schicken Präsentation und den großen Worten im PR-Konzept und dem, was der Kunde kriegt.

Geben Sie einfach krause Petersilie dazu

Ein gutes Konzept glänzt, es glittert nicht. Gute Angebote zeigen Dekolleté, aber kein Silikon. Konzepte und Angebote zu verfassen, die dem Kunden klar machen, was er bekommt und was nicht, ist eine Kunst. Es macht viel Arbeit, Maßnahmen, Prozesse und Ergebnisse vorzudenken. Und es birgt die Gefahr, dass der Kunde bei einer zu detaillierten Darstellung schon vor Vertragsabschluss Schwächen findet. Also geht man lieber mit Weichzeichner drüber. Nebulös und schwammig, aber wortgewaltig kommen die Botox-Konzepte daher. Der Kunde darf sich den Rest denken, wenn der PR-Berater zu faul zum Denken ist.

Natürlich sind Briefings unvollständig. Natürlich weiß der Kunde oft selbst nicht, was er will. Natürlich will er nicht für das erste Konzept zahlen. Natürlich findet er immer eine Agentur, die es kostenlos macht oder einfach ohne Konzept, aber mit dem Auftrag los läuft.

Alarm! Kernschmelze im Wertschöpfungssektor

Es ist schmerzhaft und mühsam, der tollen Idee, der gelungenen Visualisierung gegenüber zu stellen, was der Kunde nicht bekommen wird. Ihm zu sagen, dass er für die Ausarbeitung dieser Idee erst zwei Tage Workshop investieren muss. Ihm auseinander zu setzen, warum er mit seinem Budget nur zwei von drei Punkten erreichen kann. Die Versuchung ist groß, denn jeder weiß: Man kommt immer mal wieder damit durch. Schnell noch ein wenig Social-Media-Puderzucker drüber, der glänzt so schön, wenn die Wertschöpfung der Maßnahme in der Sonne dahin schmilzt.

Aber die krause Petersilie welkt schnell dahin, wenn es zur Umsetzung kommt. Wenn der Kunde Ergebnisse einfordert. Wenn das Team rödeln muss, weil sich vorher keiner Gedanken gemacht hat, was alles an Arbeit hinter dem Glitzerzeugs steht.

Konzept kommt von "erfassen". Wer nur verfasst statt erfasst, wer Trockeneis-Nebel statt handfestes Handwerk liefert, sollte genug krause Petersilie parat haben. Macht sich gut am Tellerrand.


Donnerstag, 24. Mai 2012

Wir brauchen Helden in Social Media

Der Kampfbegriff der Authentizität macht Unternehmen klein in Social Media, weil selbst gute Kommunikatoren ihn falsch auslegen.


In der aktuellen Ausgabe der 'Engelsloge', einem Magazin der Bayerischen Staatsoper, beschreibt der Tenor Stephen Gould, wie er zu seiner Stimme fand.

Gould war im Musical-Fach unterwegs, bis eine Kollegin ihm sagte: "Du bist gut, aber das ist nicht deine Stimme". Gould machte sich auf die Suche nach einem Lehrer, der ihm helfen konnte seine Stimme zu finden. Heute ist Gould einer der größten Heldentenöre.


War Goulds Musical-Stimme im Musical authentisch? Ist seine Stimme als Siegfried inszeniert, ausgedacht, fake?


Wenn Unternehmen in Social Media starten, raten die Coaches und Social Media Professionals gerne zur Authentizität: "Ihr müsst in Social Media so sein, wie ihr seid." Das greift zu kurz und hat als Ergebnis, das Unternehmen entweder gar nicht starten oder den gleichen Krampf fabrizieren wie bisher.

Dieser verengte Authentizitätsbegriff wird vollends ad absurdum geführt, wenn die gleichen Coaches betonen, dass Social Media die Art zu kommunizieren für Unternehmen grundsätzlich ändert, ja sogar das Unternehmen selbst. Damit haben sie sogar Recht. Social Media ist eine Befreiungstechnologie für Kommunikatoren. Sie befähigt und verpflichtet Unternehmen, ihre Rolle neu zu lernen. Sie können in Social Media sein, was sie bisher nicht sein konnten. Weil es die Prozesse, Traditionen, Beziehungen und die Zusammensetzung des Teams bisher nicht zuließen.

Berater für Social Media müssen Untetnehmen deshalb dabei helfen, ihre eigene Stimme zu finden, sie aufzubauen - statt sie zu kastrieren und auf den Status quo festzulegen. Es klingt paradox, aber Social Media bietet die Chance, die eigene Authentizität zu inszenieren. Wir brauchen Helden, Kleingeister gibt es genug.

'You can be anything you want to be.'

Dieser Post ist Teil von Mirko Langes Blogparade zum Thema Authentiziät und Inszenierung geworden.

Sonntag, 20. Mai 2012

Social-TV: Praschls Fragezeichen

Social-TV wird oft über den grünen Klee gelobt - zurecht.
Es bleiben zu viele Fragezeichen, wenn man Peter Praschls gut geschriebenen Artikel im SZ-Magazin zur Zukunft des Fernsehens gelesen hat. Gut geschrieben im Sinne von eloquent, denn inhaltlich bleibt Praschl zu abstrakt und verliert sich gleichzeitig im Detail. Es fehlt der Mittelbau - der Blick auf Geschäftsmodelle, die schon da sind und funktionieren. Dazu müsste Praschl nicht mal über den Teich blicken. In Großbritannien ächzen die Fernsehstationen unter der Konkurrenz von Zeebox und zwar auf dem Werbemarkt.

Die Werbung als eigentliche Geldquelle des Fernsehens lässt Praschl ganz außen vor. Statt dessen gibt es eine Führung vorbei an den großen Playern Apple und YouTube, ein paar Zahlen und Studien und die Information, dass digital natives 27-mal in der Stunde das Medium wechseln.

Schnell noch mal die Autoren besucht, die Sender abgeschrieben und beim Thema Second Screen bringt Praschl ausgerechnet die Gehversuche von "The Voice", ein proprietärer Ansatz, der kein nachhaltiges Geschäftsmodell darstellt, und der sogar hinter dem Silo-Ansatz von "RTL-Insider" zurückbleibt.

Donnerstag, 3. Mai 2012

I heard it on my radio

Bei aller Formatierung und Zersplitterung, bei allem Wandel der Nutzergewohnheiten, ist es sehr beruhigend, dass Radio noch immer funktioniert. Zumindest für die Vermarktung von Musik. Neue Musik und neue Interpreten finden die Menschen immer noch am häufigsten im Radio, wie eine neue Studie aus den USA und Kanada zeigt. Gleichzeitig hören aber schon fast 40 Prozent Radio im Internet.

Die Zeiten des klassischen Radioapparats sind also vorbei - die Zeiten des Radios noch nicht. So don't become some backgound noise.

Dienstag, 1. Mai 2012

EM in der Ukraine: Kein Spaß für die Sponsoren

Ich kenne acht Marketingabteilungen, die diesen Sommer keinen Spaß haben werden. adidas, Canon, Carlsberg, Castrol, Coca Cola, Continental, Hyundai, McDonald's und Sharp sind die Sponsoren der Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine. Ihnen droht ein Sommer des Missvergnügens angesichts der Bilder, die wir aus der Ukraine zu erwarten haben. Da nützen alle schönen CSR-Berichte nichts.

Was wir ab 8. Juni sehen werden, wird uns sehr an die Bilder aus Bahrein erinnern. Tränengas, prügelnde Polizisten, Demonstranten, Verletzte werden das Bild dieser EM prägen. Vielleicht mischt sich das Blut der Verletzten nicht in das offizielle TV-Signal der UEFA, aber über Social Media, auf YouTube und Facebook werden die Bilder diese EM bestimmen. Der perfekte Markenauftritt wird den Sponsoren nicht gelingen. Und sie werden sich fragen lassen müssen, ob sie mit den Spielen in der Ukraine nicht die Unterdrücker stützen.

Dass unser Blick nun auf die unhaltbaren Zustände in der Ukraine fällt, ist aber irrwitzigerweise ein Verdienst der gut geschmierten Sport-Maschinerie mit ihrem Drang zu den Geldtöpfen der Schurken. Die Ukraine wird nach dieser EM nicht mehr die selbe sein. Und die Sponsoren großer Sportereignisse werden sich fragen, wieviel Blut und Tränengas die Marke verträgt.