Freitag, 13. April 2012

Künstler sind nicht überflüssig

Neulich war ich tanzen, das war sehr schön. Also eigentlich habe ich Menschen beim Tanzen zugeschaut, weil  ich war im Ballett. Es gab Dornröschen.

Es ist sehr anstrengend, auf den Zehen über die Bühne zu springen und ich war froh, dass es für so etwas professionelle Tänzer gibt und ich nicht selbst eng anliegende Hosen anziehen muss, wo man alles sieht, oder Tütüs.

Wenn jetzt die Piraten an die Macht kommen, wird es keine Künstler mehr geben, weil sie alle verhungern oder von Hartz IV leben und SuperRTL anschauen statt Ballett zu machen und Musik und Bilder und so. Das ist unbequem für uns alle, weil wir dann die Kunst selber machen müssen. Denkt mal an all die Bilder, die ihr dann jeden Tag  malen müsstet! Was für ein Rumgekleckse in der Wohnung.

Und dann das Komponieren erst. Wie sollen wir das Handelsblatt lesen, wenn wir gleichzeitig Violinschlüssel und Triolen auf's Papier bringen müssen? Und dann ist das Zeug ja noch nicht mal gespielt! Am Schlimmsten wird aber das Tanzen.

Deshalb müssen wir jetzt alle wieder die FDP wählen. Denn die ist seit Jahren als Partei der Künstler bekannt. Wenn es die FDP nicht mehr gäbe, müssten wir noch mehr Sachen selber machen als wie mit ohne Künstler. Also zum Beispiel Steuern senken (für Reiche, nicht für arme Künstler), Pendlerpauschalen erhöhen (Künstler können sich leider keine Autos leisten) oder Präsidenten machen. Oder eng anliegende Hosen tragen, wo man alles sieht. Ja, die FDP ist nicht überflüssig, aber Künstler sind viel wichtiger.

Freitag, 6. April 2012

Handelsblatt: Die Richtigen im Falschen

Kampagne kann das Handelsblatt halt. 100 mehr oder weniger kluge Köpfe hat man versammelt, darunter sehr geschätzte wie den TUM-Präsidenten Herrmann und Renate Künast, aber auch die üblichen Medien-Blondinen aus dem Relevanz-Prekariat der Talkshows.

Was sie sagen, ist in weiten Teilen richtig. Ohne Geld gibt es keine Kunst und keine Künstler. Kunst muss man sich leisten können. Gebt dem Künstler, was des Künstlers ist. Mein Problem: Sie sagen das Richtige im Falschen. Die ganze Geschichte geht von einer erzwungenen Umsonstkultur aus, die die Piraten nicht im Programm haben. Ich habe gesucht, ich konnte es nicht finden.

Einige der klugen und durchaus streitbaren Köpfe der Branche sind Mitglied der Piratenpartei und scheinen keine Angst vor einer kommunistischen Revolution und der Enteignung zu haben, anders als die hundert Handelsblätterer. Was soll also die Kampagne, an der sich das Handelsblatt in der Karwoche genauso beteiligte wie die FAZ und die Süddeutsche? Wieso wird die Debatte um Bürgerrechte im Internet verdreht zu einer Debatte um die Verwertungsrechte?

Zu den bürgerlichen Freiheiten, gehört auch das Recht, Geld zu verdienen. Und das Recht, mit einem neuen, besseren Geschäftsmodell die überkommenen Wettbewerber vom Markt zu nehmen. Und darum sollte sich das Handelsblatt kümmern und hundert schlaue Köpfe finden: Neue Geschäftsmodelle finden für die Kunst und die Demokratie in den Zeiten ihrer technischen Reproduzierbarkeit.

Dienstag, 3. April 2012

Die Piraten und der hilfreiche Backlash

Diese Tage kommt es dicke für die Piraten. Die etablierten Medien und die etablierten Parteien nehmen sie auf's Korn. Sven Regener, die FAS und heute auch noch ein Leitartikel in der SZ.

Ich wünsche mir, dass dieses Einschlagen sich in einer Präzisierung der Wortwahl und der Botschaften bei den Piraten niederschlägt. Das Wort Debatte kommt von 'schlagen' und im Schlagabtausch ist es wichtig zu wissen, wo der Freund steht und wo der Gegner.

Was die Debattierer der Piraten allesamt nicht leugnen, ist die Notwendigkeit der Diskussion über das wichtigste Thema  der Piraten: Meinungs- und Bewegungsfreiheit im Internet und der Widerstand gegen alle Bestrebungen, diese Freiheiten zu Ungunsten der Bürger verschieben.

In der großen Pauschalierungsmaschine wird das gerne auf den Komplex Urheberrecht/Bezahlung von Künstlern reduziert. Und viel zu oft interpretieren Mitglieder der Piraten diese Freiheit als Freiheit ohne Verantwortung.

Ich wünsche mir, dass die Piraten den Backlash nutzen, hier eine saubere Position zu finden. Dann klappt das auch wieder mit den Medien.

Sonntag, 1. April 2012

Social Media, die Erregung und die Wahl 2013

Seid ihr schon erregt? Spürt ihr es? Ich meine nicht den Frühling. Ich meine die ersten leichten Erregungswellen des Bundestagswahlkampfes 2013 im Netz. Es wird spannend werden, bunt und lehrreich. Lehrreich für die Parteien, für die Wähler und für Unternehmen, die sich heute immer noch sehr vorsichtig, selten strategisch und daher nur begrenzt erfolgreich-wertschöpfend in Social Media bewegen.
Kleiner Rückblick: 2009 war es schon spürbar; die Parteien waren ins Netz gekommen, um zu bleiben. Damals war ein Facebook-Account für eine Partei schon eine Aussage. Obama und sein Twitter-Wahlkampf hatte Wellen geschlagen, die seitdem in die Wahlkampf-Budgets schwappen.

Die Plattformen sind besetzt
In den vier Jahren seitdem haben sich die Parteien von damals im Netz positioniert - und stehen doch angesichts der Piraten ziemlich ratlos da. Da gibt es CDUplus (beta), was sich eher wie der "Arbeitskreis Senioren" anhört, wohl aber eine Kampagnenplattform für die Internetaffinen unter den Anhängern ist.

Die Grünen haben ihre Verantwortung für vom Aussterben bedrohte Netzwerke erkannt und promoten deshalb auch noch StudiVZ und wer-kennt-wen auf ihrer Website. Ansonsten wirkt die Startseite von allen großen Parteien am wenigsten social - sprich, die Grünen kommunizieren sehr viel mehr ihre Themen, begeben sich nicht auf das Niveau des Politik-Pinterests und verzichten auf bunte Bildchen. Bis jetzt, denn ich wette, dass vor der heißen Phase des Wahlkampfes noch ein Relaunch von www.gruene.de ansteht.

Auf der Website der SPD scheinen die Social-Media-Elemente am natürlichsten integriert. Da macht es auch Sinn, wenn Teresa Bücker, Social-Mediteuse der SPD, in einem Post im umfangreichen Blogbereich vor reinen Netz-Kampagnen ohne politische und lokale Verankerung warnt.

Die Piraten: Mobilisierung durch Erregungspartikel
Wie wird sich das Gesicht der Parteien im Netz wohl ändern, wenn die Parteien auf die Piraten reagieren, reagieren müssen? Die Piraten haben Social Media als reine Erregungsökonomie verstanden. Anders als in den klassischen Medien ist das wertvollste Gut hier nicht allein die Aufmerksamkeit, sondern die Erregung. Katzen-Content oder Anti-Acta, das spielt in der Erregungsökonomie keine Rolle mehr.

Entscheidend ist die "Teilbarkeit", also die Qualität eines Inhalts, die ihn wie eine Welle der Erregung von Knoten zu Knoten im Netz wandern lässt. Wie bei einer aus dem Ruder gelaufenen Facebook-Party mobilisieren die Piraten mit Hilfe von hochgradig teilbaren politischen Meme Menschenaufläufe - in Social Media, in den klassischen Medien und auf den Plätzen der Großstädte. Debattierbar, also auf dem Prüfstand der politischen Diskussion nachzuhalten, sind die Piraten in weiten Teilen nicht, darauf verweist auch Michael Spreng in seinem Post über die "Gummiwand-Partei".

Hält die Demokratie soviel Erregung aus?
Die Bundestagswahl in Social Media wird deshalb so spannend, weil sich erst noch zeigen muss, wie lange die Bürger den Erregungszustand des Wellenwahlkampfes aushalten. Am Ende könnte sich in der ganzen Erregung der Plattformen, Netzwerke und Lautsprecher herausstellen, dass den Parteien und der Demokratie die Debatte abhanden gekommen ist.

Für Unternehmen lässt sich bis 2013 noch viel lernen von den Parteien. Wo sollen sie auf Erregung setzen, um Menschen für ein Produkt zu mobilisieren und schnell Wellen zu schlagen? Wo müssen sie Aussagen, debattierbare Standpunkte und Dialoge in Social Media nachhalten, weil sonst strategische Ziele in Gefahr sind? Ist Social Media überhaupt ein Kanal für Inhalte jenseits der Erregung? Es wird spannend - und jetzt zurück zum Frühling.