Sonntag, 26. August 2012

Mein Syrien

Die Nomaden in der Wüste Syriens nahmen uns damals auf.
1996 hatte ich die außergewöhnliche Chance, als Journalistik-Student eine Exkursion der Eichstätter Geographen nach Syrien zu begleiten. Drei Wochen lang reiste die Gruppe durch das Land. Wenn ich heute die Bilder dieses gepeinigten Landes und der Menschen im Bürgerkrieg betrachte, muss ich oft an die Menschen denken, denen ich damals begegnet bin.

Von der Hauptstadt Damaskus ging es nach Aleppo, dann quer durch die Wüste. Wir waren Gast bei Nomaden. Wir aßen den Hammel, den sie für uns geschlachtet hattet, wir hörten ihre Gespräche am Lagerfeuer. Am Tag unseres Abschiedes stand ein Traktor vor dem Zelt. Seine Batterie speiste einen kleinen Fernseher. Der Fernsehsender aus dem Libanon zeigte gerade die Sesamstraße; die Kinder saßen vor den Gerät und lachten über Grobi und das Krümelmonster.

Der Markt in Aleppo
Wir spürten die freundliche Neugier der Menschen. In Palmyra und überall auf unserer Fahrt begegneten wir den Zeugnissen der Geschichte. Unser Exkursionsleiter Professor Hans Hopfinger und ein syrischer Guide zeigten uns, wie viel in diesem Landstrich seinen Ursprung genommen hatte, und wie viel davon in unserem Wissen, unserer Kunst und unseren westlichen Wertekanon eingeflossen ist.






Assads Konterfei an den Hauswänden
In den Städten  fielen uns die vielen Polizisten auf. Verkehrspolizei, Miliz, Geheimpolizei, an jeder Ecke eine andere Uniform. Der Präsident hieß damals noch Hafiz al-Assad, sein Konterfei prangte überlebensgroß an Hauswänden. Eine Diktatur, geprägt vom Misstrauen gegen Israel, dem Iran und der Türkei, aber auch vom fein ausbalancierten Ausgleich und Nebeneinander der verschiedenen islamischen Glaubensrichtungen, der Christen und Juden.


Ein Junge verkauft Gebäck
Vor der Universität in Damaskus postierten damals bewaffnete Soldaten. Gleichzeitig durften damals aber auch Frauen studieren - mit und ohne Schleier. Das Bildungssystem war offen. An einem Abend sprach ich mit der Tochter des Präsidenten der Universität, die sich aufmachte, in die Wirtschaft zu gehen. Und ich sprach mit einem Sohn eines Bauern, der nach seinem Abschluss als Ingenieur arbeiten wollte. Ich frage mich, was aus ihnen geworden ist.



Eine Frau auf dem Platz vor der
Umayyaden-Moschee
Lebt der Junge noch, der mit seinem Karren in der Damaszener Altstadt stand und Sesambrot verkaufte? Was ist mit der Frau, die auf dem Platz vor der Moschee eine Orange verspeiste? Wie geht es der Nomaden-Familie, die unsere Gruppe damals aufnahm?

1 Kommentar:

nullmeridian hat gesagt…

Hallo Stephan, ich war genau im gleichen Jahr in Syrien und Jordanien und erinnere mich noch zu gut an die Gastfreundschaft und die Freundlichkeit der Menschen. Angesichts der jüngsten Ereignisse in der Region stelle ich mir die gleichen Fragen. Wird Zeit, die alten Dias mal wieder hervor zu holen...